Dienstag 2. September 2008
Als ich gestern draußen war, hat mich einer der Beamten angewiesen, mich zu rasieren. Ich habe mich geweigert. Ich kenne die Konsequenz (kein Hofgang mehr) und habe diese gegen meine jetzige Situation abgewogen. Als ich vor vielen Jahren inhaftiert wurde war ich noch ein Teenager und hatte fast überhaupt keinen Bartwuchs. Während all den Jahren meiner Haft wurde über mich bestimmt, dass ich mich rasiere, weil es ansonsten gegen die Gefängnisregeln verstößt. Ein Schurrbart oder ein Bart bedeuten ein Stück weit Individualität. Rebellion. Etwas einzigartiges für einen erwachsenen Mann. Dies wird gezielt durch die Gefängnisregeln ausradiert. Die gesamte Persönlichkeit und Selbstachtung wird einem genommen. Das texanische Strafvollzugssystem ist ein System der Rache und Unterdrückung anstatt der Rehabilitation. Am Ende ist es die gesamte Gesellschaft die unter den Folgen dieser regressiven Haltung zu leiden hat. Nach fast zwei Jahrzehnten Haft bedeutet etwas so einfaches wie mein Bartwuchs, dass ich 24 Stunden am Tag in meiner Zelle bleiben muss. Ich denke das erklärt viel über die Welt in der ich lebe. Ich bin mittlerweile ein erwachsener Mann und habe Bartwuchs. Ich denke ich werde ihn behalten. Ich bin sowieso auf dem niedrigsten Status den man haben kann, meine Privilegien sind bereits alle gestrichen und meine Besuche auf einen pro Monat eingeschränkt. Meine mögliche Hinrichtung ist zum Greifen nahe. Ja, ich werde dieses kleine Stück Persönlichkeit behalten.
Ich weiß nicht, ob ich mich freuen soll, oder traurig sein, aber ein Freund von mir wurde auf Death Watch verlegt. Sein Name ist Jose Briseno. Ich kenne „Joe“ seit der Nacht als ich im Todestrakt ankam. Ich kann mich noch an diese Nacht erinnern, als wäre es gestern gewesen. Ich wurde an diesem Tag zum Tode verurteilt. Als ich in die Eingangzelle kam, war es ungefähr 22:30 Uhr. Über mir war Joe. Auf der einen Seite von mir war Jim Wilkens auf der anderen Juan Garza. Ich hatte ein halbes Dutzend Tacos bei mir, die mir meine Mutter durch meinen Anwalt hatte geben lassen. Nach meiner Verurteilung hatte ich keinen Hunger, aber ich bot Jim von den Tacos an. Jim wurde ein guter Freund, genau wie Joe und Juan. Beide, Jim und Juan sind nicht mehr hier, und jetzt ist Joe hier. Er ist im gegenüberliegenden Abschnitt, ich kann aber meine Zelle nicht verlassen und so wird es wohl Tage dauern, bis ich mit ihm reden kann. Ich werde ihm aber eine Nachricht senden.
Zwei weitere Gefangene sind angekommen. Beide heißen Martinez. David und James. Ich kenne David, James kenne ich nicht so gut. Ich kenne den, der Jim genannt wird. Der andere Martinez war einmal für ein paar Tage in einer Zelle neben mir, aber wir haben uns damals wenig unterhalten, weil er mir damals erzählte er sei ein Waffenhändler und hätte für einen geheime Organisation gearbeitet. Oh, Mann, welchen Roman hast Du denn gelesen?!
Aufschub für Rogelio!!!
Am 17. November hat ein Richter Rogelio einen Aufschub der Hinrichtung bis März 2009 gewährt.
Im Moment fehlen uns allen die Worte um unsere unbeschreibliche Freude und Erleichterung auszudrücken.
Von ganzem Herzen danken wir allen, die uns die letzten Tage und Wochen unterstützt haben.
Update Dezember 2008:
Roy bedankt sich bei allen Lesern für die große Unterstützung. Er hat sich entschieden, den Blog im Moment nicht fortzuführen und bittet alle um Verständnis für diese Entscheidung. Er wird sich in den kommenden Wochen und Monaten auf seinen Fall konzentrieren.
Neue Gerichtsentscheidungen werden hier gepostet.
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